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Ungewollt gedopt?

V. Wiskamp und M. Holfeld

Das Thema Doping sorgt immer wieder durch aktuelle Fälle für Gesprächsstoff (vgl. [1]).

Jugendliche fragen im Sport- oder Chemieunterricht nach, wie mit Hilfe von chemischen Sub-

stanzen die Leistungsfähigkeit des Körpers gesteigert werden kann und welche Gefahren da-

mit verbunden sind. Es ist ihnen bewusst, dass ein Sportler, der gezieltes Doping betreibt,

kriminell handelt. Kann es aber auch sein, dass er ungewollt gedopt ist? Weil er beispielswei-

se im Krankheitsfall Medikamente zu sich genommen hat, die nicht nur heilend, sondern auch

leistungsfördernd wirken? Und dopt sich nicht mancher Jugendliche selbst mit Partydrogen,

um eine ganze Nacht wild durchtanzen zu können?

1 Einleitende Überlegungen

Die Frage, ob man ungewollt gedopt sein kann, kam insbesondere durch dem Fall

Dieter

Baumann

auf. Der Langstreckenläufer wurde 1999 der Einnahme von Nandrolon überführt.

Er bestritt vehement, diesen Stoff bewusst verwendet zu haben, und bestand auf einer Durch-

suchung seiner Wohnung. Dort fand man eine Zahnpasta, die nandrolonhaltig war. Es gab

zahlreiche Vermutungen, wie das Steroid in die Zahnpasta gekommen sein könnte. Während

Baumann

und seine Verteidiger erklärten, man habe ihm das Nandrolon untergeschoben, um

sich für sein Engagement gegen Drogen (Aktion „Keine Macht den Drogen“) und Doping zu

rächen und ihn bloßzustellen, erklärten seine Gegner und Ankläger, er habe die Zahnpasta

selbst mit dem Prohormon versetzt, um sein bewusstes Doping zu vertuschen. Was genau

passierte, ist bis heute nicht aufgeklärt.

Dass es aber legale Nahrungsmittel und -ergänzungsmittel gibt, die auf der Dopingliste ste-

hende Substanzen enthalten, zeigte der Fall

Alexander Leipold

. Der Ringer gewann in Sydney

olympisches Gold. Eine Kontrolle überführte ihn allerdings des Dopings mit Nandrolon, und

er musste die Medaille wieder abgeben.

Leipold

bestritt, gedopt zu haben, und beauftragte ein

auf den Nachweis von Dopingstoffen spezialisiertes Labor, seine gesamten Nahrungsergän-

zungsmittel zu untersuchen. Eine nicht gerade kleine Aufgabe, wenn man bedenkt, dass der

Athlet über 90 verschiedene legale Nahrungsergänzungspräparate eingenommen hatte. Tat-

sächlich fand das Analytikerteam in einem davon eine nicht unerhebliche Menge an Nandro-

lon, das nicht als Inhaltstoff deklariert war. Bei weiteren Nachforschungen kam heraus, dass

das Präparat in Amerika von einer Firma hergestellt wurde, die auch Prohormone herstellt. In

einigen Bundesländern der USA ist es Sportlern erlaubt, solche einzunehmen. Untersuchun-

gen ergaben, dass die Behälter und Maschinen einer Produktionsfirma nicht genügend gerei-

nigt worden waren, so dass ein kontaminiertes Produkt auf den Markt kam, das bei der Ein-

nahme von zwei Tabletten einen unzulässig hohen Nandrolongehalt von 2 ng/ml Urin hervor-

rief.

Die Gefahr, sich ungewollt zu dopen, ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Bei

Schwimmweltmeisterschaften in Japan hatte das Deutsche Olympische Komitee seine Sport-

ler ausdrücklich davor gewarnt, nicht der japanischen Tradition entsprechend viel grünen Tee

zu trinken, weil dieser das (relativ schwach wirkende) Stimulanz Coffein enthält.

Bis Ende 2003 war der Genuss von Kaffee für Sportler problematisch, denn sehr schnell wur-

de der Grenzwert für Coffein, den das Olympische Komitee auf 12 µg/ml Urin festgesetzt

hatte, erreicht. Mittlerweile steht das Xanthinderivat zwar nicht mehr auf der Dopingliste,

„wird aber weiterhin beobachtet“. Deshalb hat im April 2005 eine deutsche Firma vorsichts-

halber ihr coffeinhaltiges Haarshampoo mit einem Warnhinweis für Leistungssportler verse-

hen [2].