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5.3 Ferienakademie für hoch begabte Unterstufenschüler
Die Kinder- und Jugendakademie Südhessen e. V. veranstaltet seit sechs Jahren För-
derprogramme für hoch begabte Kinder und Jugendliche. Besonders bewährt haben
sich dabei Kurse mit fächerübergreifendem Charakter bzw. Kombinationen von sehr
unterschiedlichen Teildisziplinen [69]. In den Herbstferien 2004 wurde u. a. ein Kurs
„Chemie und Sport“ angeboten [13]. Über dessen Verlauf im Folgenden berichtet
wird:
Der Kurs begann mit einem Brainstorming über Inhaltstoffe von Nahrungsmittel und
deren Funktionen. Erfahrungen der Kinder mit Sportgetränken wurden gesammelt.
Danach wurden in der Sporthalle einige Laufspiele (Kettenfangen, Paarfangen) und
ein Dauerlauf (5 Runden) durchgeführt. Zur „Belohnung“ gab es Sportgetränke. Deren
Inhaltstoffe wurden von den Etiketten abgelesen und in Hinblick auf ihre Funktion im
Sport erläutert. Abschließend folgten Experimente zum qualitativen Nachweis der Mi-
neralien sowie der Vitamine C, B1 und B2 (vgl. Kapitel 4.2; Versuche 9, 12 und 13).
Der zweite Tag begann mit einem Fußballspiel inklusive Siebenmeter-Schießen mit
einem normalen und einem schweren Ball. Offensichtlich ist es mit einem leichten
Ball einfacher, in den oberen Torwinkel zu treffen, als mit einem schweren. Ein kurzer
Ausschnitt aus dem Film „Das Wunder von Bern“ wurde gezeigt. Die Kinder erkann-
ten, dass der Ball bei dem damaligen Regenwetter nass und schwer geworden war, was
der kraftbetont spielenden deutschen Nationalmannschaft sehr entgegen kam. Heutige
Fußbälle haben einen Kunststoffüberzug aus Polyurethan, der die Wasseraufnahme
verhindert, so dass der Ball immer gleich schwer bleibt. Diese Erläuterung bildete den
Brückenschlag zur Herstellung eines Polyurethanschaumes (Versuch 23). Da der
Kunststoff auch Teil der Laufsohlen von Sportschuhen ist, wurden solche abschlie-
ßend zu diesem Teil des Kurses vergleichend betrachtet (vgl. Kapitel 4.5.3).
Als ein molekularer Fußball wurde den Kindern die Kohlenstoff-Modifikation C
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vorgestellt, die sie als Modell bauen durften.
Langstreckenläufe und Sprints und die Frage, bei welcher der beiden Laufarten man
„erschöpfter“ ist, leiteten zum Thema aerobe bzw. anaerobe Energiebereitstellung im
Körper über (vgl. Kapitel 4.1.1). Bei beiden Energiebereitstellungsformen werden
Kohlenhydrate (Zucker) verbrannt, allerdings zu unterschiedlichen Produkten. Ein Ex-
periment, in dem Zuckerstückchen in eine Kaliumchlorat-Schmelze geworfen wurden
und dort heftig entflammten, demonstrierte auf überzeugende Weise, wie viel Energie
im Zucker steckt (Versuch 1). Die Funktion des Kreatins bei der Energiebereitstellung
im Körper wurde noch kurz erläutert, wonach der Stoff in Nahrungsergänzungsmitteln
qualitativ nachgewiesen wurde (vgl. Kapitel 4.2.8; Versuch 19).
Sehr zur Überraschung und Belustigung der Kinder ging der Tischtennisball, mit dem
sie zuvor noch gespielt hatten, beim Erhitzen in einer Stichflamme auf. Neugierig ge-
worden, befassten sich die hoch Begabten anschließend mit der Chemie des Cellu-
loids
®
. Dabei durfte auch die Herstellung und Entzündung von Schießbaumwolle nicht
fehlen (vgl. 4.5.1; Versuch 22).