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Leitstrukturen

Martin Holfeld, Wolfgang Proske und Volker Wiskamp

Chemische Stoffe mit einem gemeinsamen Strukturelement, einer so genannten

Leitstruktur, sind häufig in der Lage, im menschlichen Organismus dieselben

Rezeptoren zu besetzen und zu bestimmten physiologischen Wirkungen zu aktivieren

(Agonisten) oder zu blockieren (Antagonisten). Das Erkennen von Leitstrukturen ist ein

lohnendes Thema im Chemieunterricht.

Opioide

Der Zeitungsartikel „Mit einer Tablette schon richtig am Limit“ [1], in dem es um die

zunehmende Zweckentfremdung des Schmerzmittels Tilidin als Modedroge geht, hat uns

dazu motiviert, das Thema Arzneimittelmissbrauch im Chemieunterricht aufzugreifen.

Tilidin gehört wie Morphin (Hauptbestandteil des Opiums), Heroin (zweifach acetyliertes

Morphin) und Methadon (Ersatzstoff in Heroin-Substitutionsprogrammen) zur Gruppe der

Opioide (Abbildung 1). Insbesondere im zentralen Nervensystem besetzt Tilidin

Opioidrezeptoren, unterdrückt dadurch eine Schmerzweiterleitung und wirkt folglich

schmerzlindernd (etwa ein Fünftel der Wirkstärke von Morphin). Als Nebeneffekt tritt eine

stark euphorisierende Wirkung ein, womit die „Beliebtheit“ als Droge verständlich wird [2].

Abbildung 1: Strukturformeln von Morphin, Heroin, Methadon, Tilidin und Naxolon

Heroin

O

N

O

O

CH

3

C

C

H

3

C

H

3

C

O

O

Methadon

CH

2

CH

CH

3

N(CH

3

)

2

C H

5

C

2

O

Tilidin

OCH

2

CH

3

O

N(CH

3

)

2

Naloxon

Morphin

O

N

HO

HO

CH

3

O

N

CH

2

CH=CH

2

O

HO

Vorsichtshalber hat der Hersteller des Medikamentes Tilidin den Tabletten ein weiteres

Opioid, das Naloxon (Abbildung 1), beigemengt. Dieses ist ein Opioidantagonist, blockiert

die entsprechenden Rezeptoren und verhindert dort die Anbindung des Tilidins. Wenn die

Tablette vorschriftgemäß geschluckt wird, wird das Naloxon allerdings schon bei seiner