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DENK(T)RÄUME
Mobilität
Band 5: Chemie und Sport
Volker Wiskamp, Martin Holfeld
Noch mehr aus dem
Körper herausholen?
Erlaubte und verbotene Methoden
Fast tägliche Berichte in den Medien belegen, dass die Ent-
wicklung im Doping unaufhaltsam voranschreitet. Insbesonde-
re die neue gentechnologische Darstellung von EPO zeigt, wie
schnell neue – unerlaubte – Präparate entwickelt werden. Die
Dopingfahnder hinken den Dopingsündern immer einen Schritt
hinterher. Horrorszenarien, dass Sportler nach ihren Eigen-
schaften gezüchtet werden, sind sicher nicht real. Genetisch
hergestellte Substanzen, die eine Funktion beim Muskelaufbau
oder Sauerstofftransport im Körper haben, sind aber bereits
Realität.
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m Schulunterricht kann und sollte das Thema Do-
ping unter verschiedenen Gesichtspunkten ange-
sprochen werden. Fragen wie „Ist Doping fair?“
oder „Sollte man Doping legalisieren?“ bieten ei-
ne mögliche Diskussionsgrundlage. Provozieren-
de Thesen wie „Ein Dachdecker hat einen gefährlichen
Job; bei einem Profisportler gehören Gesundheitsri-
siken eben auch dazu“ können ein Gespräch beleben.
Natürlich muss man die Schüler darauf hinweisen, in
welchem Alter ein Spitzensportler mit dem Training
beginnt, dass er da meistens gar nicht in der Lage ist,
potenzielle Gesundheitsgefahren abzuschätzen, und
dass viele Sportler ohne ihr Wissen von übertrieben
ehrgeizigen Trainern gedopt werden. Interessant ist
in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob ein er-
krankter Sportler durch Einnahme von Medikamen-
ten ungewollt gedopt werden kann. Ist Kaffee-Trinken
Doping? Oder die Einnahme der Partydroge Ecstasy?
Wo ist die Grenze zwischen sinnvoller, leistungsstei-
gernder Ernährung und illegalem Doping?
Chemie, Sport und Ethik fächerübergreifend zu un-
terrichten, ist eine lohnende Aufgabe, die von jungen
Menschen erfahrungsgemäß gerne angenommen wird.
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Sportgetränke – damit die Mobilität länger
erhalten bleibt
Gerade im Ausdauersport muss verbrauchte Energie
ständig erneuert werden. Als Quelle eignet sich vor
allem Glucose. Sie ist gut wasserlöslich und kann als
1 M. Holfeld, V. Wiskamp, H. Gebelein: Chemie und Sport. Praxisschriftenreihe
Chemie. Aulis Verlag Deubner, Köln 2005, S. 24f.
Inhaltsstoff von Sportgetränken schnell vom Athleten
aufgenommen werden. Im Körper geht das Kohlen-
hydrat rasch ins Blut über und kann überall dort, wo
Energie benötigt wird, umgesetzt werden.
Glucose in einem Sportdrink kann im Schulunter-
richt durch einen Blue-Bottle-Versuch sowie durch die
Fehling- oder Tollens-Reaktion nachgewiesen werden
Ist Mobilitätssteigerung durch Supplementierung
bereits Doping?
In der Sportmedizin wird zwischen Nahrungssub-
stitution und -supplementierung unterschieden:
•
Substitution ist der Ersatz von für den
Körper unbedingt notwendigen Substanzen,
die für den Energie- und Baustoffwechsel
benötigt werden und vom Organismus nicht
selbst synthetisiert werden können.
•
Bei der Supplementierung wird bewusst
eine Überkonzentration einer Substanz,
die leistungssteigernd wirken soll, im Körper
aufgebaut.
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Viele nationale und internationale Verbände entwi-
ckelten Doping-Definitionen, die einen Missbrauch
verhindern sollten, so der Europarat 1963
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: „Doping ist
die Verabreichung oder der Gebrauch körperfremder
Substanzen in jeder Form und physiologischer Sub-
stanzen in abnormaler Form oder auf abnormalemWeg
an gesunde Personen mit dem Ziel der künstlichen und
unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf.
Außerdem müssen verschiedene physiologische Maß-
nahmen zur Leistungssteigerung des Sportlers als Do-
ping angesehen werden.“ Diese Definition hatte zwar
hohe moralische und ethische Ansprüche, war aber
praktisch nicht umzusetzen, weil es keine geeigneten
Kontrollmechanismen für die Einhaltung der gefor-
derten Normen gab. Die Begriffe „unfair“, „abnorma-
ler Weg“ usw. sind kaum definierbar.
2 H. Heck, H. Schulz: Ergogene Hilfen – Doping oder Substitution, problema-
tisiert am Beispiel der Kreatin-Supplementation. In: D. Kurz, J. Mester (Hg.):
Doping im Sport. Strauß-Verlag, Köln 1997
3 M. Donike, S. Rauth: Doping. Strauß-Verlag, Köln 1996