Seite 42 - Dissertation_Dr_Holfeld

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4.5.1 Cellulosenitrat und Tischtennisbälle
Chemie-historisch gesehen ist es bemerkenswert, dass einer der ersten Kunststoffe, das
Celluloid, aufgrund einer Anfrage aus dem Billard-Sport entwickelt worden ist. Früher
wurden Billardkugeln aus Elfenbein gefertigt. Dafür mussten bis zur 19. Jahrhundert-
wende jährlich 12000 Elefanten ihr Leben lassen. Da Elfenbein als Naturstoff kleine
Unregelmäßigkeiten besitzt, liefen die Kugeln nicht immer geradeaus. Die amerikani-
sche Firma Phelan & Collendar versprach 10000 Dollar für die Erfindung eines Er-
satzmaterials. Das Preisgeld war ein Ansporn für
John Wesley Hyatt
. Doch seine Er-
findung,
eine teilnitrierte und mit Campher weich gemachte Cellulose (im Mittel
knapp 2 Nitro-Gruppen pro Baustein)
, nutzte er nicht, um die Prämie zu bekommen,
sondern gründete eine eigene Firma, die Albany Billard Company. Sein Kunststoff
Celluloid machte allerdings keine große Karriere als Billard-Kugel, sondern eine in
Hollywood als Trägerfolie für Filme sowie bis heute noch als Material für Tischten-
nisbälle. Im Experimentalunterricht bieten sich die Herstellung von Nitrocellulose, das
Einarbeiten von Campher, die Verbrennung des so nachgestellten Celluloids im Ver-
gleich zu Baumwolle sowie die Verbrennung eines Tischtennisballs an (Versuch 22).
4.5.2 Tennisbälle
Moderne Tennisbälle sind keine hohlen Filzkugeln. Die Bälle, z. B. der Firma Tretorn
[58], sind mit 700 Millionen Mikrozellen gefüllt, die ein gleichbleibendes Spielverhal-
ten garantieren sollen. Ihre Ummantelung besteht aus einer festen Hülle von Titan(IV)-
oxid und Polybutadien zur Verbesserung der Spieleigenschaften. Die Außenhaut ist
aus einem Spezialfilz für lange Haltbarkeit und gutes Ballgefühl auf allen Bodenbelä-
gen gefertigt. Es lohnt sich, einen Tennisball aufzuschneiden und das Füllmaterial un-
ter dem Mikroskop zu betrachten.