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CLB Chemie in Labor und Biotechnik, 60. Jahrgang, Heft 05/2009
Mit „Hirndoping“ bezeichnet man Versuche, durch
pharmazeutische Mittel die Leistung des Gehirns zu
erhöhen. Insbesondere will man schnellere Lernfähig-
keiten und eine möglichst lange Wachphase erreichen.
Gerade Schüler und Studenten unterliegen in Zeiten von
Prüfungsvorbereitungen der Versuchung, solche Sub-
stanzen missbräuchlich einzunehmen. Militärstrategen
hingegen wünschen sich entsprechende Leistungen
– und Substanzen – für Soldaten. Im Folgenden werden
die gebräuchlichsten davon in chemischer Struktur und
Synthese vorgestellt.
Berichte in Tageszeitungen und Journalen über Hirn-
Doping nehmen zu (z. B. [1-3]). Und man muss nicht
lange im Internet surfen, um zu dem Thema ernstge-
meinte oder fiktive, auf jeden Fall aber schockierende
Aussagen wie diese zu finden (hier gekürzt wieder-
gegeben):
• „Gerade in der Ära der Globalisierung könnten Lern-
pillen der Bundesrepublik helfen, im internationalen
Standortwettbewerb besser zu bestehen. Deutsch-
land ist arm an Bodenschätzen, umso wichtiger für
die Volkswirtschaft ist die geistige Leistungsfähigkeit
der Nation.“ [4]
• „Bei künftigen Bewerbungsgesprächen wird dem
Bewerber gesagt: Wir erwarten von unseren Ange-
stellten vollen Einsatz, der liegt heute bei 60 bis 70
Wochenstunden. Aber wir erwarten auch, dass Sie
bereit sind, Mittel zu schlucken, die Ihre Produktivi-
tät erhöhen. Wir wollen Sie nicht dazu zwingen, aber
es würde vielleicht Ihre Chancen steigern, angestellt
zu werden, wenn Sie dazu bereit sind.“ [5]
• „Auf einer Pressekonferenz gab die Neuropsycholo-
gin und Leibnizpreisträgerin des Jahres 2010, Rita Li-
en, bekannt, sie nehme seit Jahren Hirndopingmittel
ein. Frau Lien bot an, den mit mehreren Millionen
Euro dotierten Forschungspreis zurückzugeben. Die
meisten ihrer bahnbrechenden Arbeiten seien unter
dem Einfluss von Wachmachern und konzentrations-
fördernden Mitteln entstanden; nur so habe sie dem
ungeheuren Druck standhalten können, in immer
kürzerer Zeit neue Ergebnisse produzieren und
große Summen Drittmittel einwerben zu müssen.
Die Forscherin entschuldigte sich bei ihren Mitar-
beitern, der Universität sowie der Öffentlichkeit und
erklärte ihren Rückzug aus der Wissenschaft.“ [6]
Missbrauch von Pharmazeutika
Hirn-Doping als Unterrichtsthema
Martin Holfeld, Homberg, und Volker Wiskamp, Darmstadt
Die Autoren
Dr.
Martin Holfeld
, Chemie- und Sport-
lehrer am Theodor-Heuss-Gymnasium in
Homberg; Dr.
Volker Wiskamp
, Professor
für Chemie an der Hochschule Darmstadt,
Fb. Chemie und Biotechnologie.
Abbildung 1: Strukturformeln der Hirn-Dopingmittel Methylphenidat, Modafinil,
Fluoxetin und Piracetam.
Holfeld
Wiskamp